Manchmal ist es ein Glas Milch, dann ein Keks – immer mehr Menschen leiden unter Lebensmittel-Allergien

Kind isst Keks

Nuss-, Kuhmilch-, Weizen- und andere Lebensmittel-Allergien nehmen zu. Angesichts dieser Entwicklung drängen sich Fragen nach Ursachen und Lösungen auf. Experten halten es zum Beispiel für möglich, dass der großzügige Einsatz von Pestiziden und Antibiotika sowie genveränderte Nahrungsmittel die Zahlen steigen lassen.

Ein anderes Problem sind Lebensmittel-Intoleranzen. Deren Symptome ähneln sehr oft jenen einer Lebensmittel-Allergie, was zu Verwechslungen mit schweren Folgen führen kann. Ob man an einer Lebensmittel-Allergie leidet, kann bei einem Arztbesuch geklärt werden, denn Lebensmittel-Allergie-Tests sind nicht so einfach, wie man denken möchte.

Manche Nahrungsmittelallergien sind nur schwer feststellbar

Immer mehr Menschen leiden unter einer Lebensmittel-Allergie. Vor allem seit Beginn der 2000er-Jahre ist der Anstieg bemerkbar, so die Allergologin Katja Nemat vom Ärzteverband Deutscher Allergologen. Experten vermuten, dass in Deutschland rund drei Prozent der Erwachsenen und vier bis sechs Prozent der Kinder betroffen sind. Das Problem dabei: Die Beschwerden sind nicht immer eindeutig und lassen nicht immer eine Lebensmittel-Allergie vermuten. 

Doch eine Lebensmittel-Allergie lässt sich nicht so einfach bestimmen. Während eine Pollen-Allergie leicht nachweisbar ist, kann die Diagnose von Lebensmittel-Allergien schwierig sein. Denn das Angebot an Lebensmitteln ist vielfältig, weshalb in manchen Fällen Allergene bei Blut- und Hauttests unerkannt bleiben. Reichen diagnostische Mittel nicht aus, beginnt für Ärzte detektivische Kleinarbeit. 

Bietet der Darm neue Erkenntnisse?

Einen neuen Ansatz bietet eine Art Prick-Test, der innerhalb des Darms vorgenommen wird. Dabei werden mit einem Endoskop Lösungen von Nüssen, Soja, Weizen und anderen Allergenen auf die Darmschleimhaut geträufelt und die Reaktionen beobachtet. 

Der Darm ist ein großes Immunorgan und erst in den letzten Jahren in den Fokus der Forschung gerückt. Welche Bedeutung er bei der Entstehung von Allergien und den allergischen Reaktionen hat, müssen wir erst verstehen, so Yurdagül Zopf, Ernährungsmedizinerin am Erlanger Universitätsklinikum. 

Wie entstehen Lebensmittel-Allergien?

Warum manche Menschen auf Lebensmittel wie Nüsse, Fisch und Getreide allergisch reagieren und andere nicht, ist nicht abschließend erforscht. Für Nemat ist unbestritten, dass die Art der Ernährung von Bedeutung ist. Vor allem industriell verarbeitete Lebensmittel werden mit Allergien in Zusammenhang gebracht. Aber alles auf industrielle Lebensmittel zu schieben wäre zu einfach, vielmehr wirken verschiedene Ursachen zusammen.

Für Zopf können auch Medikamente die Entstehung von Lebensmittel-Allergien begünstigen. Zum Beispiel können säurehaltige Medikamente die Verdauung beeinflussen, sodass Proteine nicht vollständig verdaut werden. Auf diese Weise gelangen größere Eiweißfragmente in den Darm, was bei genetischer Disposition oder Überempfindlichkeit zu Unverträglichkeitssymptomen führen kann.

Gesunde Menschen sollen sich abwechslungsreich ernähren

Liegen keine medizinischen Gründe vor, sollen gesunde Menschen nicht auf den Verzehr von allergenhaltigen Lebensmitteln verzichten. Das gilt besonders für Neugeborene, da das Immunsystem im Babyalter Toleranz erlernen muss. Daher raten Experten, dass Eltern ihr Baby abwechslungsreich ernähren, also auch mit allergenhaltigen Lebensmitteln. Würden Eltern ihr Kind davor schützen, hätte das den gegenteiligen Effekt.   

Bei Kindern kann eine Nahrungsmittel-Allergie wieder verschwinden

Eine Nahrungsmittel-Allergie kann sich bei Kindern wieder zurückbilden und sogar gänzlich verschwinden. Das liegt daran, dass das Immunsystem von Kindern reift und lernt, mit den Allergenen umzugehen. Allerdings sind die Erfolgschancen von der Art der Allergie abhängig. Bei einer Hühnereiweiß-Allergie stehen sie höher als bei einer Erdnuss-Allergie. Erwachsene hingegen dürfen nur wenig hoffen, dass eine Lebensmittel-Allergie wieder weggeht.

Betroffene sollten Allergene meiden

Wer von einer Lebensmittel-Allergie betroffen ist, kann derzeit nicht viel unternehmen, außer Allergene zu meiden, den ärztlichen Rat befolgen und etwas Geduld aufbringen. Während es bei der Heuschnupfen-Allergie bereits eine Immuntherapie gibt, müssen Lebensmittel-Allergiker noch warten. Seit Herbst 2019 ist in den USA eine Immuntherapie zugelassen, bei der Erdnussprotein oral verabreicht wird. Geplant ist auch der Test einer Immuntherapie mit Pflaster, bei dem das Erdnussprotein in geringen Mengen an die Haut abgegeben wird.