Ist eine zu sterile Umgebung ungesund?

Bub füttert Kühe
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Was unsere Großeltern immer schon wussten, wird einmal mehr durch eine Studie belegt: Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, sind im Erwachsenenleben weniger krank.

In einer Studie unter der Leitung von Franziska Roth-Walter und Erika Jensen-Jarolim vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien und vom interuniversitären Messerli Forschungsinstitut (eine gemeinsame Einrichtung der Vetmeduni Vienna, der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien) konnte nun gezeigt werden, dass ein von Kühen abgesonderte Protein, Beta-Laktoglobulin, welches auch in der Milch vorkommt, ein Schlüsselmolekül für den sogenannten Bauernhofschutz gegen Allergien darstellt.

Das Trinken natürlicher Kuhmilch beugt Allergien vor

Lange Zeit versuchte man Kinder vor zu viel Natur zu schützen. Der Kontakt mit Zuchtvieh und der Genuss unbehandelter Kuhmilch galt als ungesund, sogar als gesundheitsgefährdend wurde das bäuerliche Umfeld dargestellt. Allerdings ist das Gegenteil der Fall, wie die im „Journal of Allergy and Clinical Immunology (JACI)“ veröffentlichte Studie nahelegt.

Laut Studie stärken das Spielen im Kuhstall, der Kontakt zu Tieren und das Trinken roher Kuhmilch das Immunsystem der Kinder; nachweislich leiden weniger von ihnen an Krankheiten wie z.B. Allergien und Asthma. Ein Effekt, der als Bauernhofschutz bezeichnet wird und natürliche Ursachen hat.

In Labor- und Tiermodellstudien konnte das Forscherteam nachweisen, dass Beta-Laktoglobulin Allergien verhindert, wenn es seine natürlichen Liganden (z.B. Pflanzenpigmente aus grünem Gras) mit sich trägt. Ohne seine natürlichen Liganden verhielt sich das Protein allerdings wie ein Allergen.

So wirkt das Schlüsselmolekühl

„Die antiallergischen Eigenschaften von natürlichem Beta-Laktoglobulin lassen sich damit erklären, dass dieses Protein seine Liganden gezielt zu den Immunabwehrzellen bringt und dadurch eine Entzündung verhindert wird“, so Roth-Walter. „Außerdem verhindern die natürlichen Liganden, dass IgE-Antikörper an Beta-Laktoglobulin-Protein andocken können, wodurch diese von Milch-allergischen Kindern besser vertragen werden sollte.“

Die Bauernhof-Schutzwirkung nutzbar machen

Mit dem Kuh-Protein Beta-Laktoglobulin präsentiert die Studie ein Molekül, das zusammen mit seinen natürlichen Liganden die Bedeutung der Bauernhof-Schutzwirkung gegen Allergien hervorhebt. Allerdings können Umstände, wie die industrielle Milchverarbeitung oder schlechte Tierfutterqualität zu einem Verlust oder Mangel dieser Liganden führen und das gut verträgliche Milchprotein Beta-Laktoglobulin in ein Allergen verwandeln. Erika Jensen-Jarolim hofft, dass die Studie beiträgt, den Bauernhofschutz praktikabler und nutzbar zu machen und so eine Allergieepidemie zu verhindern.