Der Bauernhofeffekt zum Lutschen: Allergiesymptome lindern

 Lutschtablette  immunoBON®
Nathan Zentveld

Häufiges Niesen, rinnende Nase, tränende Augen: Mit diesen Symptomen wenden sich viele Menschen in Österreich hilfesuchend an ihre Apotheke. Eine Allergie liegt nahe, sollte aber auch diagnostisch abgeklärt werden. Bestätigt sich der Verdacht, gibt es mittlerweile eine Fülle von Therapieoptionen.

Nun kommt eine neue Option dazu, die am Dienstag bei einem Pressegespräch in Wien vorgestellt wurde: Eine auf dem Bauernhofeffekt basierende Lutschtablette: Dieser Effekt besagt, dass Menschen, die im Umfeld eines Bauernhofs leben, weniger an Allergien leiden. Maßgeblich entwickelt wurde die neue Lutschtablette immunoBON® von der renommierten österreichischen Allergologin Erika Jensen-Jarolim. Seit ersten Februar ist immunoBON® in Österreichs Apotheken rezeptfrei erhältlich.

Allergien werden häufiger

Immer mehr Menschen entwickeln eine allergische Erkrankung. „Die Ursachen sind multifaktoriell. Dazu gehören vor allem unser industrialisierter Lebensstil, aber auch stark verarbeitete Lebensmittel und die Umweltverschmutzung“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung an der MedUni Wien.

Betroffene fragen dann oft in der Apotheke um Rat. Die Aufgabe des Apothekers sei es, erst einmal die Symptome zu hinterfragen, statt dem Wunsch des Patienten nach einer schnellen Lösung sofort zu entsprechen, erklärt Apothekerin Mag. pharm. Fiona Nagele, MSc. „Auch wenn sich im Beratungsgespräch der Verdacht einer Allergie erhärtet, hat die Selbstmedikation dennoch klare Grenzen“, so Nagele. So gehörten zum Beispiel Personen mit schweren chronischen Erkrankungen oder Menschen mit Symptomen, die bereits länger als zwei Wochen andauern, auf jeden Fall zum Arzt. „Ganz besonders solche, die bereits Asthma entwickelt haben. In all diesen Fällen ist eine diagnostische Abklärung dringend erforderlich“, so die Pharmazeutin.

Unterschiedliche Behandlungsstrategien

Für Patienten mit definitiver Allergiediagnose bieten sich unterschiedliche Lösungen an. „Dazu gehören zum Beispiel Hyposensibilisierungen, also Allergie-Immuntherapien in Spritzen- und Tropfenform, aber auch spezifische Nahrungsergänzungsmittel, speziell Probiotika“, berichtet René Kreis, Geschäftsführer Bencard Allergie GmbH, Deutschland und Österreich. „Trotz vieler Therapieoptionen werden viele Personen mit Allergien derzeit dennoch nicht oder ungenügend behandelt“, betont Jensen-Jarolim.

Neuer Immunmechanismus

„Eine Möglichkeit, dies zu ändern, ist ein neu entdeckter Immunmechanismus“, erklärt die Allergologin. „Er basiert auf dem sogenannten „Bauernhofeffekt“, der besagt, dass das Leben im Umkreis von etwa 300 Metern eines Bauernhofs mit Kuhstall vor Allergien, Asthma und atopischen Sensibilisierungen schützen kann.“ Studien zeigen: Kinder, die in einer Bauernhof-Umgebung aufwachsen, haben ein Asthma-Risiko von nur 1 Prozent, Stadtkinder dagegen von 12 Prozent.(1) „In einer aktuellen Studie konnten wir erstmals nachweisen, dass ein von Kühen abgesondertes Protein, Beta-Lactoglobulin (BLG) eines der Schlüsselmoleküle für den sogenannten „Bauernhofeffekt gegen Allergien“ darstellt“, erläutert Jensen-Jarolim.

Schutzfunktion durch spezielles Protein

BLG, das auch eine Haupt-Proteinkomponente in der Molke ist, war prominent im gesammelten Stallstaub als auch in der Umgebungsluft nachweisbar. Es gehört zur Proteinfamilie der Lipocaline, die wie ein natürlicher Immunschutz wirken. Jensen-Jarolim: „Lipocaline haben eine wichtige Funktion in der natürlichen Immunabwehr. Sie sind wie Taschen aufgebaut, in denen sie kleine Moleküle wie Eisen, Vitamin A und Zink binden können. Wir haben die Entdeckung gemacht, dass beladene Lipocaline wie BLG Schutzfunktionen gegen allergische Symptome verleihen, während sie unbeladen sogar allergen sein können.“

Bauernhofeffekt als Basis für immunoBON®

„Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir die Formel für immunoBON® entwickelt“, berichtet die Allergologin über die Entstehung der neuen Lutschtablette. immunoBON® bringt sogenanntes holo-BLG (BLG beladen mit einer Kombination von Eisen, Vitamin A und Zink) während des Lutschvorganges an die Immunzellen der Schleimhaut heran und stellt die Allergie-dämpfenden regulatorischen Zellen auf „Toleranz.

Positive Studiendaten bei Allergikern

Erste Studien bei Pollenallergikern haben gezeigt, dass sich die nasalen Symptome nach einer sechsmonatigen Einnahme von immunoBON® gegenüber Placebo-Behandlung um 33 Prozent gebessert haben – ein ähnlich hoher Effekt wie bei einer spezifischen Allergen-Immuntherapie, aber im Gegensatz dazu, unabhängig vom Allergen. Weiters konnte gezeigt werden, dass im Vergleich zu einer nicht behandelten Allergiker-Gruppe die Gesamtheit aller Symptome um 53 Prozent reduziert werden konnte.

„Auch bei Patientinnen und Patienten mit Hausstaubmilbenallergie konnten positive Studienergebnisse erzielt werden“, berichtet Univ. Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann von der Berliner Charité. Dazu wurden insgesamt 33 Personen mit einer seit mindestens zwei Jahre bestehenden Hausstaubmilbenallergie und Symptomen an Nase und Augen vor und nach einer dreimonatigen Einnahme von immunoBON® in einer Expositionskammer mit dem Allergen provoziert. „Dabei zeigte sich, dass sich nach der Einnahme der Lutschtablette alle Symptome deutlich reduziert hatten. Bei den nasalen Symptomen sogar um 60 Prozent. Auch die Symptome an den Augen und den Bronchien wurden deutlich besser. Und das Ganze bei guter Verträglichkeit“, so Bergmann.

„Der Hintergrund für diese positiven Effekte ist, dass bei Allergikerinnen und Allergikern die entzündungshemmenden Zellen einen intrazellulären Nährstoffmangel aufweisen. Wenn wir BLG mit seinen Taschen als Taxi nutzen, können wir die Mikronährstoffe gezielt in die Immunzellen einschleusen und das können wir molekular nachweisen“, erläutert Allergologin Jensen-Jarolim. „Im Prinzip kann immunoBON® also helfen, diätisch ein zelluläres Nährstoffdefizit bei Allergikerinnen und Allergikern, das wir noch gar nicht lange kennen, auszugleichen und damit Widerstandsfähigkeit gegen Allergene aufzubauen.“

 

(1) Riedler J, Braun-Fahrlander C, Eder W, Schreuer M, Waser M, Maisch S, Carr D. Lluis A, et al. Protection Against Allergy: Study in Rural Environments Study Group. Increased regulatory T-cell numbers are associated with farm milk exposure and lower atopic sensitization and asthma in childhood. J Allergy Clin Immunol. 2014 Feb; 133 (2):551-9. Schierl R, Nowak D, von Mutius E; ALEX Study Team. Exposure to farming in early life and development of asthma and allergy: a cross-sectional survey. Lancet 2001;358:1129