Auch glutenfreies Bier kann gut schmecken!

Glutenfrei ist gefragt, außer vielleicht beim Bier. Denn beim Gerstensaft herrschen hierzulande strenge Regeln, nicht nur seitens des Gesetzgebers. Gestandene Biertrinker, ob Frau oder Mann, stellen an das kühle Blonde höchste Ansprüche, von der Produktion bis zum Geschmack.

Wir wollten es genau wissen, und haben uns an Herrn Dipl. Brmst. Christian Pöpperl gewandt. Er ist Chefbraumeister bei Stiegl und war so freundlich, uns etwas seiner kostbaren Zeit für ein Interview zur Verfügung zu stellen.

Herr Pöpperl, Maisbier in Südamerika, Reisbier in Asien – da Mais und Reis zu den glutenfreien Getreidesorten zählen, sind glutenfreie Biere ja nicht neu und werden in manchen Regionen seit hunderten von Jahren hergestellt. Warum ist glutenfreies Bier hierzulande so schwach vertreten?

Als Brauereibetrieb interessiert man sich auch für Trends, so ist das auch mit glutenfreien Bieren. Der Bedarf an glutenfreien Produkten ist in den vergangenen Jahren gestiegen und die Supermärkte haben ihre Regale entsprechend aufgefüllt. Da haben wir bei Stiegl dann ebenfalls reagiert und ein glutenfreies Bier entwickelt.

Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, ein glutenfreies Bier zu entwickeln. Schließlich stellen Biertrinker in typischen Bierländern wie Österreich, Deutschland und Tschechien sehr hohe Ansprüche. Wie sind Sie an die Sache herangegangen?

In Österreich gibt es einen sehr strengen Lebensmittelkodex, außerdem orientieren wir uns in der Brauerei am deutschen Reinheitsgebot. Glutenfreie Biere, welche aus glutenhaltigen Getreide hergestellt werden, passen da nicht in unser Konzept, denn bei diesen Bieren muss man zusätzlich Enzyme zugeben, damit Gluten abgebaut wird. Für uns ist die Bierherstellung ein natürlicher Prozess, weshalb wir in unsere Biere nichts reinmischen. Daher verfolgen wir einen anderen Ansatz.

Nach welcher Methode brauen Sie?

Wir haben uns viele Gedanken gemacht und viele Versuche durchgeführt und sind letztlich bei der glutenfreien Bio-Braunhirse gelandet, die für unsere Brauzwecke vorher in unserer eigenen Mälzerei am Stiegl-Gut Wildshut zu Malz veredelt wird. Braunhirse ist ein Urkorn, ist glutenfrei und kommt zu 100 Prozent aus Österreich. Da Hirse mit wenigen Enzymen ausgestattet ist, geben wir beim Maischen einen kleinen Anteil Gerstenmalz dazu, aber nur einen sehr kleinen Teil. Damit kommt natürlich auch etwas Gluten in das Bier, das aber durch die lange und kalte Lagerung ausgeschieden wird, weshalb der Wert unter die EU-Richtlinie von 20 mg pro Liter fällt.

20 mg pro Liter entspricht dem Wert der deutschen Gesellschaft für Zöliakie, die ja nach diesem Wert glutenfreie Lebensmittel zertifiziert …

Ja, wir lassen unser Bier ebenfalls dort überprüfen und zertifizieren. Bei unseren Nachweisen steht immer … Gluten nicht nachweisbar. Die Zertifizierung können die Kunden leicht erkennen, da auf dem Etikett der Bierflasche die durchgestrichene Ähre abgebildet ist.

Die Meinungen zum Geschmack glutenfreier Biere sind ja durchwachsen. Was können Sie dazu sagen?

Geschmack ist natürlich immer eine persönliche Angelegenheit, nicht nur bei glutenfreien Bieren. Aber aus unserer Sicht ist unser glutenfrei gebrautes Bier geschmacklich sehr nahe bei unseren anderen Bieren, wie es sich halt gehört. Ich denke, wir haben das geschmacklich so hingebracht, dass man auf den ersten Schluck vielleicht gar nicht vermutet, dass man ein glutenfreies Bier trinkt. Der Aufwand hat sich letztlich bezahlt gemacht, wie Rückmeldungen mancher Kunden zeigen. Darunter sind auch Kunden, die nicht an Zöliakie leiden.

Wie meinen Sie das?

Ich habe mich über das Thema auch mit Spitzensportlern unterhalten und die sagen, dass sie möglichst auf Gluten verzichten, weil sie einfach kleinste Entzündungen im Darm vermeiden wollen. Im Spitzensport geht es um Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden, also um Leute, die viel von ihrem Körper abverlangen. Die müssen sehr leistungsfähig sein und ernähren sich deswegen glutenarm, trinken aber gerne mal den einen oder anderen Schluck Bier.

Wird bei Stiegl kontinuierlich glutenfreies Bier gebraut?

Ja, als gelistetes Produkt wird es das ganze Jahr über gebraut, allerdings in geringen Mengen von rund 1.000 Hektoliter pro Jahr. Zum Vergleich: Der Bierkonsum in Österreich beträgt über 8 Millionen Hektoliter jährlich.

Steigt die Nachfrage?

Die Nachfrage ist bis jetzt kontinuierlich gewachsen, allerdings im einstelligen Prozentbereich. Das könnte daran liegen, dass glutenfreies Bier hierzulande noch nicht so bekannt und mit dem Gerstenmalzbier einem starken Konkurrenten gegenübersteht. Außerdem ist nicht jeder, der an Zöliakie leidet, Biertrinker.