„Wir sind kein Bobo-Lokal“

Marko Locatin
Vorspeise: Reisbällchen mit Humus auf Blattsalat
Bildautor: Marko Locatin

Das „Zum Wohl“ gilt als Europas einziges gluten- und laktosefreies Gasthaus. Kontaminationen haben hier keine Chance. Wir haben einige Speisen getestet, mit Betreiber und Ernährungswissenschaftler Peter Jancek über Allergien gesprochen und das Geheimnis seines Mehls ergründet.

Von außen geht es als normales Gasthaus durch. Von innen auch. Gleich rechts vom Eingang ist ein Bereich, wo es sich bequem in Zeitungen oder in einem der Bücher der kleinen Bibliothek schmökern lässt. Geradeaus, vorbei an Schank und Hochtischen geht’s in einen weitläufigen Gastraum plus Extrazimmer. Nichts deutet darauf hin, dass sich hier das einzige gluten- und laktosefreie Gasthaus Europas befindet.

Vom Coach zum Wirt

„Wir sind ein Gasthaus, das alle vertragen“, sagt – soeben eingetroffen – Betreiber Peter Jancek, der hier Qualität mit seinem USP verbindet. Gemeint ist eine Qualität, die man schmeckt, eine Qualität, die aber auch auf der Karte ausgewiesen wird. Aber dazu später. Café röstet Alt Wien, Alkoholisches liefern die Bio-Brauerei Gusswerk, das Weingut Dürnberg, die Neckenmarktwinzer sowie Szigeti, Fleisch unter anderem Höllerschmid.

Peter trinkt Wasser mit einem Spritzer Holundersaft, ich zisch` ein kleines Bier – glutenfrei natürlich. Der Gastronomie-Profi führte bereits einige Lokale, bevor er Ernährungswissenschaften studierte, um als Vortragender größeren Firmen die Vorzüge gesunder Küche schmackhaft zu machen. Immer wieder stieß er, wie er erzählt, auf Unverträglichkeiten aller Art. Häufig Laktose, immer häufiger Glutenempfindlich- respektive -unverträglichkeiten, selten auf Zöliakie, wobei: Rund 2 Prozent der Menschen in der westlichen Welt leiden darunter“. Eines Tages machte der vormalige Balkan-Grill in der Stumpergasse dicht, Peter eröffnete 2017 sein „Zum Wohl“. Doch nun rasch zu den Speisen.

Klassiker: Eiernockerln & Schnitzel

Als Vorspeise ordern wir – der Chef isst praktischerweise gleich mit – Reisbällchen mit Humus auf Blattsalat. Erster Eindruck: außen knusprig. Zweiter Eindruck: innen cremig. Und auch ohne Parmesan sehr fein. Freilich, im Reis schlummert das Geheimnis dieses in Italien als Arancini allgegenwärtigen Snacks. Weiter geht es mit klassischen Eiernockerln. Konsistenz: flaumig. Einzig die Farbe verrät, dass hier kein gewöhnliches Weißmehl im Spiel ist.

Apropos Mehl: Glutenfreies Mehl und Brösel sind zentrale Produkte der Küche im „Zum Wohl“. An beidem wurde getüftelt. Nur so viel: Das Grundmehl, das je nach Bedarf variiert wird, besteht aus Reis, Mais, Buchweizen und noch einigen anderen, bis zu sieben, Sorten. Als „Kleber“ dient Johannisbrotkern sowie Guarkernmehl.

Beliebtestes Gericht ist – es kommen viele Touristen auf Empfehlung diverser Guides – Wiener Schnitzel. Wir bekommen Schweineschnitzel. Gut gelungen, was an der ausgetüftelten Panier und der stets verlässlich guten Fleischqualität vom Höllerschmid liegen dürfte. Weiters auf der Karte: Spinatknödel, Pilzragout, Burger (Beyond Meat), diverse Salate, Suppen und Desserts.

Palatschinken gut, alles gut

Ein Muss als Dessert: Palatschinken. Für mich bitte Marille! Die Marmelade ist selbstverständlich selbst gemacht, überzeugt optisch und geschmacklich.

Letztes Thema: Pandemie. Langsam, nach den vielen Einschränkungen, normalisiere sich das Geschäft wieder. Die enormen Preissteigerungen, seine Kosten, habe er so nicht an die Kunden weitergegeben, meint Jancek abschließend und bestellt jetzt auch ein Bier für sich – und für mich. Zum Wohl!

Gasthaus Zum Wohl

Mo-So & Feiertag 11.30-23.00

Stumpergasse 61, 1060 Wien

+43 1 595 31 66