Vom Winde verweht

Sebastian Wegener
Ragweed
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Viele Pollenallergiker kennen das! Die Hauptblühzeit „ihrer“ Allergenpflanze ist vorbei, dennoch halten die Symptome, unter denen sie schon seit Tagen oder Wochen leiden, unvermindert an oder verstärken sich gar. Oder die Blühzeit hat noch gar nicht begonnen, und dennoch tränen die Augen, ist da schon dieses verdächtige Jucken und der lästige Husten.

Was steckt dahinter? Die Antwort ist meistens einfach, hat mit Biologie, Geographie und Physik zu tun: Die Pollen, die schon oder noch immer in der Luft sind, kommen von AUSWÄRTS!

Ragweedpollen sind Überflieger

Wir wollen dieses Phänomen anhand der Ragweedpollenallergie, bei der das besonders häufig auftritt, beleuchten. Denn vor allem Pollen von Windbestäubern sind wahre Weitflieger und können bis zu Hunderte Kilometer in der Luft zurücklegen. So ließen sich zum Beispiel im sächsischen Dresden bereits Ambrosia-Pollen aus Ungarn nachweisen. Während ihres Flugs erreichen sie dabei Luftschichten in bis zu 2.000 Metern Höhe.

Stark im Kommen

Die Häufigkeit der Ragweedpollenallergie steigt in Österreich deutlich an, laut einer Studie, an der Forscher der MedUni Wien beteiligt waren, könnte sich – vor allem durch den Klimawandel – die Zahl der Ragweed-Allergiker in den kommenden 35 Jahren mehr als verdoppeln. Die Ragweedpollenallergie führt neben den klassischen Heuschnupfen-Symptomen häufig zu einer Asthma-, seltener zu einer Hautsymptomatik (Dermatitis). Betroffene Allergiker sollen die Berührung mit der Pflanze unbedingt vermeiden, das gilt auch für Nichtallergiker, da Ragweed bei Kontakt immer Hausausschläge verursachen kann. In Ostösterreich reagieren etwa 25 bis 30 Prozent der Pollenallergiker auf Ragweed.

Im Anflug aus dem Osten

Die Pollenkonzentrationen haben in den vergangenen Jahrzehnten in weiten Teilen Europas deutlich zugenommen. In Österreich ist vor allem der Südosten stark betroffen. Und das ist kein Zufall. Denn eines der Haupverbreitungsgebiete des Ragweed ist Ungarn und angrenzende Regionen in Rumänien, Serbien, Kroatien, bis hinunter nach Bulgarien und Griechenland, im Norden bis nach Tschechien und Polen. Das heißt aber auch, bei entsprechender Wetterlage und vor allem passender Windrichtung werden häufig aus diesen Gebieten Milliarden von Ragweed-Pollen, vor allem in den Osten und Südosten Österreichs eingeweht und lösen die typischen Symptome aus oder verstärken bereits bestehende.

Auf Wind und Wetter achten

Deshalb ist bei der Vermeidung von Allergie-Symptomen eben nicht nur auf die Blühzeit generell, sondern verstärkt auch auf Wind und Wetter zu achten. Entscheidend ist es dabei auch, den Tagesverlauf der Pollenkonzentration in der Luft nicht zu unterschätzen. Der Ferntransport aus dem Osten Europas – wie etwa bei Ragweed –, speziell bei vorherrschendem Südostwind, spielt eine entscheidende Rolle in Österreich, was bedeutet, das abends und nachts hohe Belastungen auftreten können, wenn die fehlende Thermik Pollen absinken lässt.

Ragweed-Einwehung in Kärnten nachgewiesen

Das gleiche gilt natürlich auch für die Pollen von Hasel, Erle und Birke, die vor allem im Süden Österreichs oft schon vor der eigentlichen Blühzeit aus wärmeren Gefilden eingeweht werden. Am Beispiel Ragweed ließ sich das etwa in Kärnten besonders einfach nachweisen, da in diesem Bundesland – abgesehen vom dichten Bewuchs entlang der Autobahn A11 zwischen Villach und Karawankentunnel – Ragweed kaum vorkommt. Durch den Vergleich von sehr hohen Ragweed-Pollenkonzentrationen in der Luft parallel mit Rückwärtstrajektionen von Windströmungen ließ sich nachweisen, dass die Ragweed-Pollenwolken von Oberitalien bzw. Ostslowenen nach Kärnten verfrachtet wurden.