"Eine gute Ausbildung ist eine der Grundlagen für den Erfolg einer Backstube, das gilt besonders für die Herstellung glutenfreier Mehlspeisen"

Bäckermeisterin Evelyne Goldenits
Andreas Hafenscher

Glutenfrei zu backen ist mehr, als zu glutenfreiem Mehl zu greifen. Auch am Rezept muss gefeilt werden, und zwar so lange, bis es passt. Konditor- und Bäckermeisterin Evelyne Goldenits aus Eisenstadt gewährt im Interview Einblicke in ihre Backstube Kucheneck.

Frau Goldenits, ich nehme an, Backen ist für Sie mehr als nur ein Broterwerb. Wie kam es dazu?

Evelyne Goldenits: Schon als Kind haben meine Geschwister und ich unserer Mama beim Backen geholfen. Danach durften wir die Schüssel auslecken. Wegen des Gerangels um die Schüssel hatten wir im Gesicht mehr Biskuitteig als im Mund. Möglich, dass meine Freude am Backen damals entstanden ist.

Zunächst wählten Sie ja einen anderen Beruf …

 

Nach der Pflichtschule absolvierte ich eine Lehre als Einzelhandels- und Bürokauffrau und arbeitete anschließend im Büro. Das Backen war in dieser Zeit mein Hobby. Gebacken habe ich für Familie und Freunde zu allen möglichen Anlässen. Besonders beliebt ist meine Bananenschnitte. Vor einem Fest heißt es immer: „Bringst wieder deine selbstgemachten Bananenschnitten mit?“

Und wie entstand die Idee, aus dem Hobby einen Beruf zu machen?

Damals im Büro holte ich die Matura nach, wollte mich weiterbilden. Dabei fiel mir auf, dass mir das Backen mehr liegt als die Büroarbeit und deshalb erkundigte ich mich, ob ich Backen zu meinem neuen Beruf machen könnte. Ich schlug den zweiten Bildungsweg ein und legte 2018 die Prüfung zur Meisterkonditorin ab. Nachdem ich mir eine kleine Backstube eingerichtet hatte, ging es Anfang 2019 los.

Wie entstand die Idee, gluten-, laktose- und allergenfrei zu backen?

In Gesprächen mit Verwandten und Freunden erfuhr ich, dass immer mehr Menschen an einer Lebensmittelintoleranz oder Allergie leiden. Gleichzeitig ist aber das Angebot an reizarmen Mehlspeisen eher überschaubar. Ich begann, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, machte in meiner Backstube erste Versuche und habe mich letztlich darauf spezialisiert.

Warum ist das Angebot an glutenfreien Mehlspeisen klein? Schließlich steigt die Nachfrage … 

 

Werden in einem Betrieb gleichzeitig glutenhaltige und glutenfreie Mehlspeisen produziert, besteht die Gefahr einer Kontaminierung. Dazu reichen kleinste Mengen glutenhaltiger Rohstoffe. Diese können mit der Kleidung oder Arbeitsutensilien transportiert werden. Das Reinigen der Hände reicht da nicht. Hier ist sogenanntes „Sauberes Arbeiten“ oberste Prämisse, was aufwendig ist. Einfacher wäre es, nur glutenfrei zu produzieren, das macht aber kaum jemand. Weiters braucht es andere Rezepte. Denn glutenfreies Mehl verhält sich anders, bringt einen anderen Geschmack hervor, hat eine andere Konsistenz. Daher muss das Rezept angepasst werden. Ich stehe nicht selten bis tief in die Nacht in meiner Backstube, um an einem Rezept zu tüfteln.

Die Herstellung glutenfreier Mehlspeisen verlangt offenbar viel Können und Wissen …

Eine gute Ausbildung ist eine der Grundlagen für den Erfolg einer Backstube, das gilt besonders für die Herstellung glutenfreier Mehlspeisen. Ich habe zum Beispiel in Deutschland ein Weiterbildungsseminar zum Thema „Glutenfreies Backen“ belegt und wurde speziell auf meine Bedürfnisse abgestimmt.

Woher beziehen Sie Ihre Zutaten, worauf achten Sie?

 

Viele meiner Lieferanten sind aus der Region, von ihnen beziehe ich vor allem saisonale Zutaten wie zum Beispiel Erdbeeren. Das ist mir wichtig, um Frische und Geschmack meiner Produkte zu garantieren – und wegen des ökologischen Fußabdrucks. Für die Herstellung glutenfreier Mehlspeisen kaufe ich glutenfrei zertifizierte Produkte. Um eine hohe Qualität zu gewährleisten, unterziehe ich die Produkte einer kritischen Prüfung und kontrolliere stets die Zutatenliste. Nur so kann ich sicher sein, dass nichts in die Mehlspeisen kommt, was da nicht hineingehört. Schließlich bin ich für das Endprodukt verantwortlich.

Können Kunden nach individuellen Wünschen bestellen?

 

Natürlich, schließlich gibt es verschiedene Arten von Unverträglichkeiten. Somit sind es immer wieder andere Zutaten, die nicht in die Rührschüssel dürfen. Vor kurzem hatte ich eine Kundin mit Schwangerschaftsdiabetes – da durfte ich nichts verwenden, das den Zuckerspiegel erhöht hätte.

Was ist Ihnen besonders wichtig?

Geschmack und Frische sind mir wichtig. Auf Konservierungsmittel verzichte ich. Daher bin ich bei der Auswahl der Zutaten sehr kritisch. Auch mit Fett und Zucker gehe ich sparsam um. Ich habe Rezepte so überarbeitet, dass wenig Zucker und Fett benötigt werden, ohne dass die Torten an Geschmack und Konsistenz verlieren. Bevor ich mit einem neuen Produkt in den Verkauf gehe, lasse ich kleine Portionen verkosten. Erst wenn das Produkt angenommen wird, bin ich zufrieden. Dann kann ich es ruhigen Gewissens verkaufen.

Konditormeisterin waren Sie bereits, jetzt sind Sie auch Bäckermeisterin …

Die Prüfung zur Bäckermeisterin ist schwierig und erfordert eine gründliche Vorbereitung. Da wegen Pandemie und Lockdown viele Feste ausfielen, blieb Zeit zum Lernen. Als Bäckermeisterin habe ich nun die Möglichkeit, auch glutenfreie Brote, Semmeln und anderes Gebäck herzustellen.

Was planen Sie als Nächstes?

Ich bin auf der Suche nach einem größeren Geschäftslokal, wo ich Backstube und Konditorei unterbringen kann und Süßes mit Gebäck und Brot kombinieren kann. Vielleicht werde ich dort auch Show-Backen veranstalten. Außerdem möchte ich einen Seminarraum einrichten, wo ich verschiedene Themenabende veranstalte, zum Beispiel glutenfreies Backen. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann einen burgenländischen Streckhof, in dem ich Konditorei, Brotbackstube, Verkaufsbereich und Seminarraum einrichten könnte.